Freitag, 1. Juni 2012

Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 10 – 103
Lyriker im Olymp

Froschmedizin und Krötengift
Teil VIII Krötenstein

„Seit dem dreizehnten Jahrhundert
Die Welt sich über Steine wundert“
Begann Äskulap zu flachsen,
„Die im Kopf der Kröte wachsen.

Albertus Magnus schrieb davon
Um zwölfhundert und dreißig schon.


Ich selbst dereinst in unserm Land
Solche Steine niemals fand
Und auch Plinius in Latein
Schrieb noch nichts vom Krötenstein.
Albertus nannte Borax ihn.
Er wäre kostbar so wie ein Rubin
 Schrieb auch Tom deCantimpre’
Über ihn als Resümee
In seinem Werk Denatura rerum.
Der Stein in dem Amphibium
Wär magisch und könnt Gift abweisen.
So wie magnetisiertes Eisen
Zieht er an und weist von sich.
Er wär verzaubert innerlich
Führt er dazu freiheraus
In seinem Buche weiter aus.
Ein Jahrhundert später dann
Schloss sich Megenberg dem an.
Im Buche der Natur schrieb der,

Dass Krötenstein sehr kostbar wär.
Äskulap sprach weiter flott:
„Die große und auch die kleine Krott
Hätten nach Megenberg je einen
Entsprechend großen oder kleinen
Stein im Kopf der giftig zwar,
Doch medizinisch hilfreich war“.
„Wer den Stein zum Essen nimmt,
So machte Megenberg es kund,
Er hätt es ausprobiert, es stimmt;
Der wird ziemlich schnell gesund.
Ein Mensch wenn er an Schmerzen leide,
Dem hilft der Stein im Eingeweide“
So hat uns Konrad mitgeteilt,
Denn der Krötenstein der heilt.



Wandernd durch des Dickdarms Schlingen
Würd‘ der Stein schnell Heilung bringen
Und weiter schrieb der Kanonikus,
Würde der Krötenstein am Schluss,
Auch dieses würd genau er wissen,
Am Ende wieder ausgeschissen.
Man könnt den Stein gar oft verwenden,
Ihn mehrmals durch den Körper senden;
Doch sollte man, wenn man dies tut,
Ihn reinigen zuvor recht gut,
Sonst brächt die Krankheiten der Stein
Erneut beim Schlucken mit hinein.
Um an den Krötenstein zu kommen

Hat eine Kröte man genommen
Und sie in einen Topf getan.
Diesen durchlöchert stellte man
In einen Ameis’hauf hinein.
Nach einem Tage lag der Stein
Bei dem Gerippe in dem Topfe
Nebst dem skelettierten Kopfe.
Die Ameisen, weil sie gern essen
Hatten die Kröte aufgefressen
Und den Stein naturbelassen
Zur Anwendung im Topf gelassen.
Es gab in jenen finstern Jahren
Auch noch andere Verfahren
So führte Äskulap nach dem Applaus
Im Seelen-Hörsaal weiter aus:
Neben dem simplen Mordversuch
Jenen mit dem roten Tuch:



Wollt man an den Stein gelangen
Musst‘ man sich `ne Kröte fangen
Und auf ein rotes Tüchlein setzen.
Ohne die Kröte zu verletzen,
Drückte man eine Gabel ihr
Auf den Hals worauf das Tier
Spuckte tatsächlich, ei der Daus,
Hurra, den Krötenstein heraus.
„Am besten Kröten mit vier Augen



Zur Krötenstein-Gewinnung taugen“!
So las ich es in alten Büchern.
Wie viele Steine in roten Tüchern
Landeten ist unbekannt.
„Es wäre freilich interessant“
Fuhr Äskulap im Vortrag fort,
„Heut für uns hier es zu wissen
Wie viele Kröten einst zerrissen
Wurden um an den verborg‘nen Hort
Im Krötenkopf heranzukommen“.
„Wenn einer Krott die Augen glommen
War der Krötenstein in ihr


Besonders wertvoll, glaubt es mir“
Schrieb Konrad Megenberg dazu.
„Ich denk der Mann war ein Filou
Der sich zu schwindeln hat erlaubt“
Sprach Äskulap gar heiter
Zu den Seelen vor sich weiter.
„Doch das Volk hat ihm geglaubt.
Fünf Jahrhunderte hindurch
Starb der arme Krötenlurch
Weil jedermann vom Krötenstein
Beschützt vor Krankheiten wollt sein“.
Der Stein konnt‘ wahre Wunder tun.
Wer ihn besaß der war immun,
So heißt es in manch alter Schrift,
Gegen Krankheiten und Gift.
Auch hat der Stein dazu genützt
Dass man vor Unglück wurd beschützt.
Der Adel fasste manchen Stein,
Wenn er besonders kostbar war,
Zum Krötensteinringe sich ein.

Auf die Krötenring-Sage werden wir später noch eingehen
Ein solcher Ring, ganz offenbar,
Das hab bei Bächthold ich erfahren,
Konnte vor frühem Tod bewahren.
Aus dem sechzehnten Jahrhundert
Wird ein Ring noch heut bewundert
Der in London ausgestellt
Das Mittelalter uns erhellt.
Dass es Shakespeare sich erlaubte
Und er an Krötensteine glaubte
Und auch was er davon hielt,
Berichtet er uns ganz gezielt.
Im Lustspiel „Wie es euch gefällt“
Hat davon er uns erzählt.
„Süß ist die Frucht der Grausamkeit
Die wie die Krott seit Ewigkeit
Ein Juwel im Haupte trägt“.
Manch Kröte ward deshalb zersägt
Oder wüst zu Tod geschunden
Ohn‘ dass den Stein man hat gefunden.
„Vermutlich“, Asklepius grinste,
„Waren es nur Hirngespinste
Die uns Albertus hat einst vorgesetzt
Damit man die garstige Kröte hetzt
Und sich, was der Klerus wollte
Das Tier noch mehr verketzern sollte
Wie man es von Anfang an
Hat mit Krott und Frosch getan“.
So lachte er mit froher Mine,
„Hat es, glaubt mir, nie gegeben“!
„Millionen Kröten hat das Leben
Es gekostet, verdammt noch mal:
Es ist wahrlich ein Skandal
Was die Großen und gemeinen
Tun im Leben mit uns Kleinen“
So fluchte Hückel aus dem Moos
Im Elysium nun los.
„Es ist fürwahr `ne Sauerei“
Fiel Hucke-Itsche ihm ins Wort
Und fuhr wütend schimpfend fort:
„Mich stampfte DellaPort zu Brei

Als er nach dem Steine suchte.
So manche Seele nun laut fluchte.
„Die Menschen unten auf der Erde
Sind schlimmer als `ne Hammelherde“
Mischte Quakkert sich nun ein:
„Sie treten alles kurz und klein
Und wer ihnen nicht pariert
Wird umgebracht und massakriert.
Sie morden wie mir scheint all gern
Und tun als wären sie die Herrn.
Dabei hat lange nach den Affen
Der Schöpfer sie  ja erst geschaffen.
Sie bringen, denn sie sind arg dumm
Die gesamte Schöpfung um.
Und ihre Weiber sind nicht besser.
Mir schnitt eine mit dem Messer
Beide Beine ab, schaut her,

Seitdem hab ich keine mehr“.
„Mich hat zwar keine umgebracht“
Grinste Hepper, doch bei Nacht,
Als ich grade baden wollte,
Eine Kugel vor mich rollte.
Ich konnt‘ noch grad beiseite springen.“
„Kannst du mir die Kugel bringen“
Hat mich darauf ganz unverzagt
Ein Mägdelein  am Teich gefragt.
Ich bracht sie ihr; doch was tat sie?

„Ach du süßes grünes Vieh“
Lachte sie und griff nach mir.
Als ich wach wurd war ich hier.
„Hat sie Dich mit nach Haus genommen“?
Wollte Assarakos höchst gerissen
(Ilias 20/232, 239; Sohn des Tros,  Großvater des Anchises)
Von der grünen Seele wissen
„Und wie bist du umgekommen“.
Die grüne Seele wurde rot.
„Hepper hatte einen schönen Tod;
Dessen bin ich mir ganz sicher“
Mischte sich nun mit Gekicher
Quäckers Seele fröhlich ein.
„Ja, ja, die Weiber, die sind bös.
Werden die erst amourös,
Kann‘s für `nen Frosch das Ende sein“.
„Das wilde Tier, das Mensch sich nennt
Mit Fröschen kein Erbarmen kennt“
Beteiligte sich Hütsche nun
Am Gespräche opportun.
„Sie halten Hunde sich und Katzen,
Sie töten Mäuse, Hasen, Ratzen.
Sie spannen Ochsen in das Joch
Und lassen ihnen das Maul verbinden
Und prügeln obendrein sie noch
Während die für ihn sich schinden.
Sie lassen den Esel Lasten tragen
Ohne vorher ihn zu fragen.
Sie schwingen sich auf Pferderücken.
Sie wollen alle unterdrücken
Die nicht nach ihrer Pfeife tanzen.
Es ist wirklich schwer zu fassen.
Sie vergiften Läus` und Wanzen
Weil die ihnen ins Konzept nicht passen.
Sie schießen ohne jede Not
Den Löwen und den Tiger tot.
„Der Mensch“ hat Hätsch polemisiert,
„Die ganze Welt noch ruiniert“
Und getragen vom Applaus
Ließ er sich noch weiter aus.
„Sie betonieren Flüsse zu.
Das blöde Tier gibt keine Ruh
Bis die Natur zu Grunde geht.
Wie schlecht es um die Kleinen steht
Will das böse Tier nicht sehen.
Was die Starken mit den Schwachen
Unten auf der Erde machen
Ist weit mehr als ein Vergehen.
Es ist Dummheit und zwar pur
Was die Manntier-Kreatur,
So lang bis nichts mehr übrig bleibt
Dort unten auf der Erde treibt.
Sie brennen ganze Wälder nieder.
Ach was ist es mir zuwider
Das dreiste Tier, das Mensch sich nennt
Und denkt es wär intelligent.
Doch ich sag euch, es ist dumm.
Es bringt die eigne Art gar um.
Das Manntier mit der weißen Haut
Dem mit der schwarzen nicht vertraut
Und auch das gelbe und das rote
Die andern beiden schon bedrohte.
Weil sie sich untereinander hassen
Vernichten sie die eignen Rassen
Und überziehen die Welt mit Kriegen
Wohl um sich selbst einst zu besiegen.
Und das Schlimmste; nebenher
Vermehren sie sich viel zu sehr,
So dass die andern Tiere stöhnen:
Denn sie tun’s nicht zielbewusst
Sie machen es aus purer Lust.
Man müsst es ihnen abgewöhnen.
Man müsste sie so kultivieren,
Dass sie den Spaß daran verlieren.
Auch müsste ihren Glauben man
Der Zeit entsprechend reformieren
Und ihre Götter irgendwann
Auf den einen reduzieren
Der die Welt erschaffen hat.
Nur einer kann der Supremat
Unter all den vielen sein.
Heute wo die Welt so klein
Ist wie noch nie sie war,
Das wird selbst dem Dümmsten klar,
Kann nur der mächtigste regieren.
Das Schlagwort heißt globalisieren.
Dem Schöpfer nur gebührt der Thron“.
Ob der hier auf dem Helikon
Steht oder aber anderswo
Ist mir egal ich wäre froh“
So fuhr er fort im Spott
„Für mich zählt Amun nur als Gott



Weil der bereits am Nil regierte
Bevor Homerus Zeus kreierte“!
„Verflucht nochmal du blöder Kaul,
Gleich stopf ich dir dein loses Maul“
Achilles zornig, menschlich stur
Der Frosch-Seel in die Rede fuhr.
„Du miese, feige Schwanzlos-Quappe,
Halt endlich deine große Klappe,
Du gottverdammter Nacktfroschlurch,
Dir geht die Phantasie wohl durch.
Du Fiesling aus der Hetschensippe
Riskierst hier eine große Lippe
Und behauptest lügnerisch sogar
Mit deiner schlüpfrig breiten Gosch,
Dass Amun einer von den euren war.
Sieh dich vor du dreister Frosch“?
Ein Unglück wär bestimmt geschehen
Hätt Äskulap nicht eingegriffen.
„Hört zu, ich muss darauf bestehen“,
Schrie er rhetorisch scharf geschliffen,
„Dass ihr vertragt euch, glaubt es mir,
Wir sind als Seelen gleich all hier.
Die Götter in der Ewigkeit
Hier oben dulden keinen Streit.
Wir sind hier im Elysium.
Da bringt keiner seinen Nächsten um“
Und dann lächelnd selbstzufrieden
An die Adresse des Peliden.
„Wer als Seele noch so fluchen kann
Kommt zur Einsicht irgendwann.
Es spricht für dich Achill, dass Du
Hörst meinem Vortrag hier noch zu.
Nebst der Sehne, die bekannt
Durch dich wurd, weil nach dir benannt
Gibt es noch so mancherlei
Was wissenswert ist auch für dich.
Was einstmals galt als letzter Schrei
Werde gleich berichten ich.
Drum sperr‘ die Ohren ganz weit auf.
Ich geh im weiteren Verlauf
Auf manches ein das fernerhin
In Sachen Krötenmedizin
Aus medizinischem Aspekt,
Als Heilmittel in Lurchen steckt.
Das zu erläutern ist vonnöten
Denn es geht auch hier um Kröten.
***
Wie die Sache weitergeht
In der nächsten Folge steht.

wird fortgesetzt


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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.