Samstag, 14. Juli 2012

Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 10 - 161
Märchenerzähler im Olymp

Nach Doryklos kam eine Muse.
Sie hieß Aristomyomaximus
(Ilias 1/604; 2/ 484, 491, 598, 761; 11/218;  14/508;
Musen sind Töchter von Zeus und wohnen im Olymp,
sie unterhalten die Götter und leiten den Chor der Sänger)
Und winkte fröhlich nur zum Gruß.
In ihrer pinkfarbenen Bluse
War sie gar lieblich anzusehen.
Sie gab den Seelen zu verstehen
Dass sie von Zeus `ne Tochter wär'.
Sie sprach: "Ich kenne noch so manche Mär
Die ich euch könnte unterbreiten
Um Freude hier euch zu bereiten.
Doch fürs Erste lasst mich nun
Was unser aller Pflicht ist tun.
Und dann begann sie ohn' zu zagen
Ihr erstes Märchen vorzutragen.

Das Froschtöchterchen

Es waren einmal zwei alte Eheleute, die hatten weder Sohn noch Tochter. Tag und Nacht beteten sie zu Gott, ihnen doch ein Kindchen zu schenken, und wenn es auch nur ein winziges Fröschlein wäre. Und schließlich erbarmte sich Gott ihrer, die Frau wurde schwanger, und was gebar sie nach neun Monaten? Ein Fröschlein! Aber auch darüber freuten sich die Alten - immer noch besser als nichts! Das Fröschlein kam nur selten ins Haus, meistens saß es im Weinberg, wo der Alte von früh bis spät arbeitete. Mittags pflegte ihm seine Frau das Essen zu bringen, aber eines Tages hatte sie dazu keine Kraft mehr. Da hüpfte das Froschtöchterchen herbei, das inzwischen vierzehn Jahre alt geworden war. "Mütterchen, es fällt dir sicherlich zu schwer, dem Vater das Essen zu bringen, lass mich das tun." - "Aber mein liebes Froschtöchterchen, dazu bist du nicht imstande, du hast doch nicht einmal Hände, um den Topf festzuhalten!" - "Binde ihn mir getrost auf den Rücken!" - "Ja, das können wir einmal versuchen!" Die alte Frau nahm den Topf, stellte ihn dem Froschtöchterchen auf den Rücken, band ihn fest und öffnete das Tor. In behutsamen Sprüngen hüpfte es davon, kam auch wohlbehalten zum Weinberg und rief seinen Vater herbei. Der nahm ihm den Essenstopf ab und ließ es sich schmecken. Das Froschmädchen bat ihn, er möge es auf den Kirschbaum setzen, und sang ihm mit silberner Stimme ein Liedchen vor. Das klang so unaussprechlich schön, dass jedem, der es hörte, das Herz im Leibe lachte.
Nun jagte zu dieser Zeit gerade ein Königssohn in den Bergen, der hörte das süße Lied, ritt zu dem Alten hin und fragte ihn, wer denn da so wundersam sänge. "Hier ist keiner", antwortete der Alte. "Nur ein Rabe flog just vorüber." - "Ach, sage mir doch, wer in deinem Weinberg sitzt und singt!" bat der Königssohn. "Ist es eine Jungfrau, so will ich um sie freien." Doch der Alte schämte sich seines Froschtöchterchens, und der Königssohn musste unverrichteter Dinge davon reiten.
Am nächsten Tage brachte das Froschtöchterchen wiederum ihrem alten Vater das Mittagessen, ließ sich von ihm auf den Kirschbaum setzen und sang dort ein süßes Lied. Der Königssohn war schon zur Stelle, hoffte er doch, den wundersamen Gesang noch einmal zu hören. Als das Lied verklungen war, ritt er zu dem Alten hin und bat ihn erneut, ihm doch zu sagen, wer die Sängerin wäre. "Hier ist niemand!" beharrte der Alte. "Und wer hat dir das Essen gebracht?" forschte der Königssohn. "Das habe ich mir selbst geholt." Doch das glaubte ihm der Königssohn nicht, und er bat den Alten inständig, ihm doch den Namen der Sängerin zu verraten. "Wenn es eine Jungfrau ist, will ich um sie freien", sagte er wieder. "Ich würde es dir ja gern verraten, aber ich schäme mich", gestand der Alte. "Auch fürchte ich, dass du mir dann zürnen wirst!" - "Sprich nur ungescheut!"
Und schließlich gestand der Alte dem Königssohn, dass sein Froschtöchterchen die Sängerin war. "lass es zu uns kommen." Da hüpfte das Froschtöchterchen vor ihn hin und sang wiederum so süß, dass dem Königssohn das Herz vor Glück erbebte. "Werde meine Braut!" sagte er. "Morgen kommen die Bräute meiner älteren Brüder ins schloss, weil mein Vater, der König, beschlossen hat, dass die Braut, die ihm die schönste Blume bringt, Königin werden, und derjenige seiner Söhne, der ihr Mann ist, die Königskrone erhalten soll. Deshalb stell dich ebenfalls im schloss ein und bring deine Lieblingsblume mit." - "Gut, wenn du darauf bestehst, dann werde ich kommen. Aber schicke mir einen weißen Hahn, damit ich ins schloss reiten kann." Der Königssohn ritt heim und schickte auch gleich einen weißen Hahn zu seiner Braut, die inzwischen zur Sonne gegangen war und sie gebeten hatte, ihr eines ihrer Kleider zu schenken. Am nächsten Morgen sattelte die Braut den Hahn, nahm das Kleid der Sonne und ritt zum schloss. Als sie aber durch das Tor ritt, verwandelte sich der Hahn in einen Schimmel, und sie selbst wurde zu einer wunderschönen Jungfrau, die mit dem Kleid der Sonne geschmückt war und eine Weizenähre in der Hand hielt. In dieser Gestalt betrat sie den Königssaal, und alle, die sich dort versammelt hatten, betrachteten sie staunend.
Der König aber erhob sich von seinem Thron, ging zur Braut seines ältesten Sohnes und fragte sie, was für eine Blume sie mitgebracht hätte. Sie zeigte ihm eine Rose. Die Braut seines zweiten Sohnes wollte ihm eine Nelke reichen. Und als er sich der Braut seines jüngsten Sohnes zuwandte, sah er, dass sie eine Weizenähre in der Hand hielt. "Du hast mir die schönste und nützlichste Blume gebracht", entschied er. "Somit weißt du, dass man ohne Brot nicht leben kann, und du wirst eine gute Hausfrau sein. Heirate meinen jüngsten Sohn, ich werde ihm die Königskrone geben."
So kam es, dass das Froschtöchterchen Königin wurde.

 ***

wird fortgesetzt

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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.