Montag, 10. Dezember 2012

Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 11 - 5
 6. Kriegstag
 - Eine hinterlistige Finte -

"Ich danke dir" sprach Quietscherich,
"Komm schließ dich an, ich führe dich.
Es ist ein kurze Stück nur noch
Bis zu meinem Mauseloch."
Er ging voran, Muckstrat ohn' Speer
Hüpfte fröhlich hinterher.
Während er hüpfte, der Filou
Plante heimlich einen Coup.
Im Loch bei Quietscherich zu Haus
Wollt hinterhältig er der Maus,
So dachte er mit finstrem Lachen,
Mittels Dolch den Garaus machen.
Weib und Kinder ohne zagen,
Werd ich aus dem Hause jagen,
Sie allesamt zum Teufel hetzen,
Und mich im Loch zur Ruhe setzen.
Wenn die Mäus dann alle türmen
Werd ich die Speisekammer stürmen.
Ich setz mich ins gemachte Nest
Und warte ab des Krieges Rest."

So hatte er sich's vorgenommen.
Doch es sollte anders kommen!

"Siehst du" rief da der Quietscherich
Plötzlich erfreut, "im zweiten Haus
Von links, dort vorne wohne ich
Mit meiner süßen kleinen Maus."

Nach diesen Worten wollt er flieh'n.
Zum Glück, Muckstrat erwischte ihn
Bevor im Mausloch er verschwand,
Am Schwanze noch mit seiner Hand.


Er wollt denn Mauser an der Flucht
Hindern und zog mit solcher Wucht
Am Mauseschwanz, dass dieser riss.
In seiner Hand das Ärgernis,
Stand Muckstrat vor dem Mauseloch
Und dachte nur das eine noch:
"Ich muss die Maus daraus vertreiben
Wenn ich dort drin will wohnen bleiben."

Er wollte grad hinein ins Haus,
Da stürmten aus dem Loch daneben,
Sechs Bewaffnete heraus


Und trachteten ihm nach dem Leben.
"Eine Falle" dacht er noch
Und suchte zu entkommen.
Die Feinde schließlich aber doch,
Haben ihn sich vorgenommen.
Er verlor den rechten Arm
Durch einen Maus-Epheben.
Flüchtend in Panik und in Harm
Bat er "Verschont mein Leben."
Da hieb der Gegner ihm gemein
Auch noch sein linkes Hinterbein
Mit einem wucht'gen Schwertstreich ab
Worauf er sich geschlagen gab.


Niemals mehr hat ohne Not
Im Krieg er eine Maus bedroht.

Im Unglück hatte Glück der Lurch.
Als Kriegsversehrter kam er heim.
Heut bringt er seine Rente durch
Und freut sich drüber insgeheim,
Dass er der Maus nicht nachgestiegen,
Sonst würd' er heute gar nichts kriegen.

Doch nicht alle hatten Glück.
Mancher blieb im Feld zurück.
So mancher Frosch wurd in der Schlacht
Von den Mäusen umgebracht
Und manche Maus verlor ihr Leben
Weil sie einem Frosch-Epheben
Am Teiche an das Leder wollte.
So kam es wie es kommen sollte.
Auf beiden Seiten die besten Söhne
Wurden blutjung, im besten Saft,
Das ist am Kriege das Obszöne,
Zu Tausenden dahingerafft.
Des Hasses Moloch, ohne Sinn,
Hatte seit dem Kriegsbeginn,
Den beiden Völkern Schlacht um Schlacht,
Nichts als Tote eingebracht.
Keiner kannte ihre Zahl.
Nicht einmal der General
Wusst' genau wie viele von allen
Seiner Helden schon gefallen
Waren auf dem Feld der Ehr.
Doch Tote zählen eh nicht mehr!

Doch irgendwann am Nachmittag
Traf sich die Generalität
An einem verschwiegnen Wiesenhag
Um über die Perversität
Des Krieges einmal nachzudenken.



"Mein lieber Freund um einzulenken",
Sprach Froschmarschall von Poggewitz
Zum Mausmarschall von Kässtibitz,
"Ist es für mich schon längst zu spät
Denn Pausback seine Majestät,
Verlangt von uns, dass wir nun binnen
Drei Tagen diesen Krieg gewinnen.
Was soll ich tun? Er will es so!"
"Okay, du kennst das Risiko"
Gab Kässtibitz zur Antwort drauf.

"Rex Parteckfresser trug mir auf,
Auf keinen Fall, und kost's mein Leben,
Euch einen Millimeter nachzugeben.
Er gab mir den Befehl dazu,
Dass ich euch Frösch' in diesem Kriege,
Und das wollte er partout,
Noch vor dem Wochenend' besiege,
Weil am Sonntag für das Heer
Bereits die Siegparade wär`,
Und so ließ er mir berichten,
Da möcht er nicht auf uns verzichten."


"Da gibt's nur eins" sprach Poggewitz
Frustriert darauf zu Kässtibitz
Mit zornerfülltem Lachen:
"Wir müssen eben weitermachen!"

Der Mausmarschall, nach Mäuseart,
Zwirbelte sich seinen Bart.
Und es schien als würd' er grübeln.
"Du darfst mir" sprach er, "nicht verübeln,
Dass ich mit allen Mitteln nun,
Was meine Pflicht ist, werde tun.
Ich bin nun einmal eine Maus
Und kann nicht aus meinem Fell heraus.
Und außerdem als Offizier,
Geht es mir genau wie dir.
Gehorsam ist die erste Pflicht.
Ohne diesen geht es nicht.
Loyalität und Konzilianz,
Sind nebst dem eignen Mauseschwanz
Das Wichtigste im Leben mir.
Ich sage es ganz offen hier;
Du kannst mit glauben, ohne ihn,
Könnt ich in den Krieg nicht zieh'n."
"Mein lieber Marschall Poggewitz",
So fuhr die Maus mit großem Wort
In ihrer Red zum Frosche fort
Und fügte an gar scharf und spitz:
"Ein Offizier, ich sag's ohn' Scheu,
In unserm Land ist königstreu.
Auch du kämpfst ja mit Recht und Fug
Bis zum letzten Atemzug,
Für König Pausback; so wie du
Finde ich nicht eher Ruh
Bis ich beendet hab den Krieg
Für meinen König mit 'nem Sieg."

"Okay, dann lass uns neu beginnen"
Sprach der Froschmarschall darauf.
Mögen die Götter es entscheiden.
Wer immer wird am Schluss gewinnen,
Ist der Bess're von uns beiden."

So nahm die Sache ihren Lauf.
So wie vor Tagen sie begann,
Als Troxartes auf Rache sann
Für seinen heiß geliebten Sohn
Und Erben auf dem Mäusethron,
Welcher im Teich ganz offenbar
Ertränkt von Pausback worden war.

So sann die Generalität,
In der acht Tage alten Sache,
Denn dafür ist es nie zu spät,
Am Wiesenhag auf Rache.


Weil keiner wich auch nur ein Stück
In seiner Auffassung zurück,
Begannen sie sich zu beschimpfen.
"Dein hinterhältiger Überfall",
So wetterte der Mausmarschall,
Den andern zu verunglimpfen,
"Werde ich dir nie vergessen.
Du hast die Dreistigkeit besessen,
Uns ohne Warnung anzugreifen.
Ich jag dich mit der Mausarmee
Zurück in deinen Hetschensee,
Dass ihr aus eurem sumpf'gen Moor
Niemals mehr wagt euch hervor."

"Ich lasse eure Löcher schleifen"
Erwiderte der Frosch darauf.
Du wirst es seh'n, nichts hält uns auf.
Ich lass in euren eignen Wänden,
So wie Milosevic es tat,
Die Weiber und die Kinder schänden.
Unter meinem Supremat
Gibt es, glaub mir, kein Pardon.
Ich jag dein ganzes Volk davon.
Auch setz ich, wenn es müsste sein,
Folter, Mord und Todschlag ein."

Der Mausmarschall gar aufgebracht
Schrie zornig: "Wenn ihr solches macht,
Dann brenn ich euch das Schilfrohr nieder,
Dass euer einer kann nie wieder
An Land setzen den breiten Fuß.
Nur Asche, Glut und Rauch und Ruß
Würde es noch am Ufer geben.
Ihr könntet im Teiche nicht mehr leben
Und wäret gezwungen fort zu zieh'n."

"Wir werden niemals feige flieh'n"
Konterte der Froschmarschall
Und fuhr fort im Redeschwall:
"Wenn wir in Mausheim einmarschieren,
Lass ich alles deportieren
Was nicht nach meiner Pfeife tanzt.
Falls einer sich im Loch verschanzt,
Räuchern wir ihn aus und dann
Wird er von meinen Kampfgenossen,
Standrechtlich sofort erschossen,
Damit er's nicht verraten kann.
Wir sagen dann zutiefst bewegt,
Dass er hat Hand an sich gelegt,
Als ihm in seinem Loch wurd' klar,
Dass nichts mehr zu gewinnen war.
Und überhaupt, wenn wir gewinnen,
Wird keiner sich je dran entsinnen,
Wie unser Sieg in Pausbacks Nam'
Gegen euch Mäus zustande kam.
Und keiner wird sich je erfrechen,
Von Gräueltaten gar zu sprechen,
Die mancher Frosch im Siegeswahn
Hat euerm Volke angetan.
Vom Sieger so etwas zu sagen
Wird nach dem Kriege keiner wagen
Denn der hat ja als Gegenpfand
Die Macht im Lande in der Hand.
Da ging es dem Rebellen schlecht.
Der Mächtige ist stets im Recht
Und kann machen was er will!"

"Du feiger Frosch, sei endlich still"
Fuhr da der Mauser stante pede
Dem Froschmarschall in seine Rede.
"Ihr habt" sprach er ruhig und besonnen,
"Den Krieg noch lange nicht gewonnen.
Wir pumpen euch Gülle in den Teich,
Dass euch vergeht die Lust zur Laich.
Wir gießen Öl ins Wasser und dann
Zünden wir das Ganze an.
Ach was wird das Wasser rauchen!
Da müsst ihr alle untertauchen
Und wenn die Luft euch wird dann knapp
Und ihr noch oben kommt ganz schlapp,
Werdet ihr euch arg verbrennen.
Warte ab, du lernst mich kennen.
Ich hab noch manchen Trick parat,
Der zwar ein bisschen rabiat
Erscheinen mag, doch wirksam ist.
Ich kenn im Kriege jede List.
Da macht mir keiner etwas vor,
Kriegstaktik ist mein Ressort;
Da kenn ich alle Finten.
Auch haben wir die bessern Flinten.
Unsre Waffen, all aus Stahl,
Sind den euren überlegen;
Und die Offiziere, erste Wahl,
Sind weit bessere Strategen
Als eure dummen Froschsoldaten.
Bei uns gibt's keine Renegaten
Die das Fähnchen in den Wind
Hängen weil sie feige sind.
Meine Männer unverdrossen
Sind zu siegen fest entschlossen.
Während ihr am Teich noch quakt
Um die Lage zu beraten,
Drängt es sie alle unverzagt
An die Front zu Heldentaten."

"Hochmut" grinste der Froschmarschall,
Kommt immer kurz vorm Fall.
Auch ich bin lange schon Soldat.
Ich hör auf Clausewitzens Rat.
Deshalb ist meine Strategie
Im Kriege die Ökonomie.
Getrennt marschieren, vereint schlagen,
So ließ ich mir von Moltke sagen,
Ist das Rezept für einen Sieg
Der Armee in jedem Krieg.
Ich greif auf die vier "G" zurück.
Geld, Geduld, Genie und Glück,
Sind dann, wenn recht sie angewandt,
Für einen Sieg das Unterpfand!"

"Wer uns Mäus verjagen will"
Erwiderte die Maus darauf,
"Der darf nicht einfach faul und still
Im Pfuhle sich 'ne Pause gönnen.
Ihr müsst verdammt gut laufen können,
Und zwar allsamt im Dauerlauf,
Wenn ihr im weitren Kriegsverlauf,
Nicht allesamt, was ihr ja sollt,
Von uns verfolgt, verrecken wollt.
Wir jagen euch durchs Binsenrohr
Zurück über das Unkenmoor
In einen gift'gen Pfuhl hinein.
Das wird dann euer Ende sein.
Wir deklarieren irgendwie
Den Teich zur Giftmülldeponie.
Wir durchwühlen Eure Deiche
Und graben euch das Wasser ab,
Bis ihr in euerm Modderreiche
Auf den Boden sinkt hinab.
Wenn ihr dann all im Trocknen sitzt
Und in der Sonn zu Tod euch schwitzt,
Falle ich mit meinem Heer
Über eure Reste her.
Wir schneiden Euch den Fluchtweg ab.
Der Teichschlick wird dann euer Grab."

"Die Praxis" sprach drauf Poggewitz
Zum Feldmarschall von Kässtibitz,
"Sieht anders aus meist in der Schlacht.
Ich rate dir, nehmt euch in Acht,
Meine kühnen, glitschig nassen
Krieger sind nicht leicht zu fassen;
Sie werden deinen feigen, dreisten
Nagern Widerstand stets leisten.
Sie sind ständig auf der Hut
Und keinem Frosch fehlt es an Mut.
Auch wenn man sagt im Allgemeinen,
Dass unsre Truppen feig erscheinen,
Trifft das nicht zu. Mit Intellekt
Wurd mancher Plan schon ausgeheckt
Von meinen tapferen Soldaten,
Der eure eignen Ruhmestaten,
Auch wenn euch das nicht sehr gefällt,
Bei weitem in den Schatten stellt."

"Na gut, wir werden es ja sehen"
Sprach Kässtibitz darauf im Gehen.

"Ich wünsche Hals und Beinbruch dir.
Falls nach dem Kriege einmal wir
Uns treffen geb' ich einen aus."

Der Froschmarschall hat salutiert.
"Pass auf dich auf" sprach er zur Maus,
"Dass dir im Felde nicht passiert."

Dann zogen beide in die Schlacht
Und haben weiter Krieg gemacht.


***

 wird fortgesetzt

Keine Kommentare:

Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.