Dienstag, 4. Dezember 2012

Machwerk R.W. Aristoquakes
   Teil 10 - 520
Lyriker im Olymp

Die Herkunft des Neuen

"Hört zu", so sprach Ukàlegon
Zittrig und schon schwach im Ton
"Es fing einst in Ägypten an.
Dort war der Frosch ein großer Mann:
Als Gottheit hat er sich bewährt;
Das hat schon Teutamos erklärt.
Er kam gleich nach dem Pharao.
Der Frosch und seine Quappen,
Zierten Ägyptens Wappen
Und galten am Nil als A und O.

Nebst Tefnut, Atum, Nut, Schu und Re,
War er im Schöpfungskomitee
Ein wichtiger Gott. Er hieß einst Nun
Und hatte am Nilstrom viel zu tun.
Als des Schöpfers rechte Hand
Er hilfreich zur Verfügung stand
Um in der Götter-Achtheit Schmun
Das Seinige dazu zu tun,
Sich als Gottheit zu verdingen
Damit die Zeugung konnt' gelingen.

Mit seinen Brüdern Amun, Kuk und Huh
Hat er gern mit angepackt
Und gab, was nötig war dazu
Zu Gott Osiris Zeugungsakt.
Mit Naunet, Haunet, Kauket, Amaunet
Halfen die Frösche  Re diskret
Neue Götter zu beleben.
Sie haben gern sich hingegeben,
Manchmal verkleidet gar als Affen,
Die Götterwelt dort zu erschaffen.
Götter und Pharaonen aller Orten
Wurden gezeugt so in Retorten.
Wie, das weiß man nicht exakt.
Ein altes Kunstwerk, arg abstrakt,
Deutet uns in etwa an,
Wie neues Leben man gewann.



Der dreitausend Jahre alte Guss
Zeigt, wie der Homunkulus
(gemeint ist der Große Grüne Osiris)
Aus des Schöpfergottes Hand
(gemeint ist die äg. Gottheit Re)
Durch Zutun von Gott Nun entstand.
(Gemeint ist die Samen spendende Frosch-
Gottheit im oben abgebildeten Kultgerät)
Heket, das wurde schon erklärt,
Hat sich auch dabei bewährt.
Sie hauchte, so wie's sollte sein,
Dem Fötus dann das Leben ein.

So ging es einst am Nilstrom zu.
Amun, Kuk und Nun und Huh
Taten am Nilstrom ihren Part
Und sorgten auf ihre kluge Art,
Dafür dass die Pharaonen
Als Herrscher konnten thronen,
Welche am Nil in allen Landen,
Als Gottheit über allem standen."

"Als ich ein Kind war", sprach Ukàlegon,
Schwappte die Horus-Kind-Religion,
Wir wunderten uns all darüber,
Von Memphis auch nach Ilion über.
Ach was haben wir gelacht.
Ein Gott aus Hetschenlaich gemacht!
So spotteten wir und machten Witze.
Doch auf das Olympos Spitze
Wurd manches, das im Nil geschwommen
Von unsern Göttern übernommen."

"Was ich sagen will ist dies:
Der Gott, der Nun am Nilstrom hieß
Wurde bei uns Okaneos.
Aus Osiris wurd Dionysos.
Schu ward Herakles nun genannt."

"Die Religionen sind verwandt"
Hat Alkmenes Sohn gelacht.
"Der Stoff aus dem man Götter macht
Kam im Nil daher geschwommen.
Auch die Christen, die so frommen,
Übernahmen später dann
Manches was am Nil begann.
Ein Querverweis auf Moses hier,
Wär' angebracht, ich schenk ihn mir.

Das, was das alte Testament
"Die Geburt des Kindes" nennt,
Ist der Mythos, der am Nil entstand.
Nun im hebräischen Gewand,
Haben die alten, ach so frommen
Juden ihn darin aufgenommen."

"So ist es" lobte Ukalegon
Vor allen Seelen Alkmenes Sohn.
Dann fuhr er fort indem gemach
Er zu den Kameraden sprach:
"Ein uns allen gut bekannter,
Römischer Seelen-Anverwandter
Vergil schrieb, so ein Zeitbericht,
Vierzig vor Christus ein Gedicht
In welchem exakt, fundiert, gescheit,
Was kommen wird, er prophezeit.
Im bukolischen Lied schrieb er,
(Lexikon Alte Welt, Seite 3206)
Was aus Ägypten stammte her.
Die Prophetie war schon uralt.
Zweitausend Jahre damals bald.
(Eduard Norden: Die Geburt des Kindes S. 54/55)
Das was Vergil hatte geschrieben
Ward in Ägypten auch vertrieben.
Hat Jesus es gelesen dort
Als er war als Kind vor Ort?
(Jesus lernte die 4. Ekloge des Vergil vermutlich
in Alexandria, der geistigen Metropole Ägyptens
kennen. Dort entstand auch der Physiologus und
dort verschmolzen Helion- und Aion-Mystik, wie
es das Gedicht belegt, zur neuen Christlichen Lehre)
Sicher gab es, wo er war,
Ein Vergilus-Exemplar.
Hat aus Vergils Hirten- Eklogen
Sein Schlüsse er gezogen?
Wir wissen's nicht. Es könnt auch sein,
Dass die Evangelisten von allein
Aus der Isis-Religion,
Mit Horus als dem Gottessohn,
Dem neuen Propheten wohl gewogen,
Ihre Parallelen zogen.

Auch unsre Götter haben viel
Einst übernommen , was am Nil
Bei den Ägyptern einst vor langen
Zeiten hatte angefangen."

"Man müsste Aias einmal fragen,"
Fuhr mit Humor im Unterton
Fort schelmisch dann Ukàlegon,
"Der könnt dazu bestimmt was sagen."

Der angesproche'ne Heros schwieg.
Er hatte einst im Trojakrieg,
Als tobte dort die letzte Schlacht,
Sich nach dem Westen aufgemacht.
Um seiner Bestimmung nachzukommen
Hat er die Götter mit genommen.
(gemeint sind die Penaten. Siehe Lex, Alte Welt S. 3209)
So sind Nun, Huh, Kuk und auch Amun,
Allesamt unter neuem Namen nun,
An den Tiber einst gereist.
Der Mythos, von Vergil gespeist,
In all seinen Aeneias-Reimen
Begann in Rom alsbald zu keimen.
Auch die Saat der bukolischen Eklogen,
Auf welche die Christen sich bezogen,
Von Vergil gelegt, ging bald darauf
Unter Konstantinus auf.
Es gilt als klipp und klar bewiesen,
Darauf hat Norden hingewiesen,
(Eduard Norden, "Die Geburt des Kindes-
Geschichte einer religiösen Idee, Berlin 1924, Seite 171)
Dass einst auf dem Konzilium
Dem Kirchenväter-Publikum,
Der Kaiser, der auch dort gewesen,
Des Autors Werk hat vorgelesen,
In welchem der Dichter seiner Zeit
Von jenem Kind hat prophezeit,
Das vierzig Jahre später dann
Tatsächlich auftrat irgendwann.
In dessen Story Demagogen
Haben die Mythen einbezogen
Die der Wind vom Nilstrom her
Gen Norden wehte übers Meer.
Die Dichtung wurd zur Wahrheit, die
Plausibel klingt heut irgendwie."

So sprach am Pult Ukàlegon
Von der neuen Religion.

"Und was hat das alles nun
Mit dem Frosche denn zu tun?"
Wollte Achilles dienstbeflissen
Vom Redner im Elysium wissen.

"Achill", sprach der als Antwort drauf,
"Schau in den Olymp hinauf.
Vom neuen Bosse ist die Rede.
Außer dir weiß es wohl jede
Seele hier im Elysium,
Für wen wir alle und warum
Seit heute Morgen Froschgeschichten
Ohne Pause hier berichten.
Der Neue, so hat es den Schein,
Soll der alte Amun sein;
Nur eben jetzt mit neuem Namen.
Er nennt sich Jesus, hört man, Amen.

"Aber Amun war ein Frosch in Theben",
Erwiderte Achill erstaunt.
Ukàlegon lachend darauf "eben".
Und dann fuhr er gut gelaunt
Mit einem Gottfried Keller-Wort
In seiner Rede weiter fort:

"Es wandert eine schöne Sage
Wie Veilchenduft auf Erden um;
Wie sehnend eine Liebesklage
Geht sie bei Tag und Nacht herum.
Das ist das Lied vom Völkerfrieden
Und von der Menschheit letztem Glück;
Von goldner Zeit die einst hienieden -
Der Traum als Wahrheit kehrt zurück-,
Wo ewig alle Völker beten
Zu einem König, Gott und Hirt;
Von jenem Tag, wo den Propheten
Ihr leuchtend Recht gesprochen wird."

Der alte Troer fügte dann
Das Folgende dem Poem noch an:

"Solch ein Traum, der wohl gefiel,
Träumten die Menschen schon am Nil.
Auch wir damals in Ilion
Träumten heimlich all davon,
Dass einer käm', der ohne Waffen
Auf der Welt könnt Frieden schaffen.
"Und heut", so sprach Ukàlegon,
Träumt die ganze Welt davon
Und bangt und hofft und betet still,
Dass sich dereinst erfüllen will,
Was der Prophet uns seiner Zeit
Zu versprechen war bereit."

Die Seelen sahen all betreten
Zu Boden: "Darum lasst uns beten",
Ergriff Homer darauf das Wort,
"Dass endlich dieser Völkermord
Auf der Welt ein Ende nimmt
Und der Neue auf dem Thron,
Von dem man sagt er wär` der Sohn
Gottes die Völker friedlich stimmt!"

Den großen Dichter zu belohnen
Gab es Beifallsovationen.
Alle Seelen im hohen Haus
Dankten Homer es mit Applaus.

Zehn Minuten hielt er an.
Bis Xanthos schließlich dann,
(Ilias 5/152; Troer, Sohn des Phainops)
Nach einem Blick auf seine Uhr,
Mit lautem Wort dazwischen fuhr.

***

Was dessen auch schon recht betagte
Seele zu den andern sagte
Erfahrt das nächste Mal Ihr hier
Wenn Ihr's wissen wollt, von mir.

wird fortgesetzt

Keine Kommentare:

Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.