Samstag, 20. Juli 2013

Batrachomyomachia


Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 20-7
 Achter Kriegstag

Ein andrer Name, mehr publik
War der des Recken Tiddalik.
Der war als Krieger wohl bekannt.
Und wurd "der Große" meist genannt.
Er war ein Hüne von Statur
Mit einer stattlichen Figur.
Muskeln pur und Waschbrettbauch
Und natürlich tapfer auch!
Dass obendrein er Herz besaß,
Wurd klar als Troglodyte ihn,
Was im Krieg ist legitim,
Mit aller Wucht und Augenmaß,
Den Brustkorb aufriss mittels Lanze.
Das Herz lag frei im Purpurglanze
Und pochte eine Weile noch.
Der Lanzenschaft, der sehr kompakte,
Bewegte sich im Herzschlagtakte
Rhythmisch zuckend immer wieder
Wie ein Taktstock auf und nieder.
Nach zwei Minuten schließlich doch,
War Tiddalik's roter Lebenssaft
Auf diese Weise abgepumpt.
Als der letzte Tropfen dann verklumpt
Zu Boden fiel war alle Kraft
Aus dem wackren Frosch gewichen,
Der mit Apoll ward einst verglichen.
Er brach zusammen und war tot.


Das Bild, das sich dem Mörder bot
Vom tapfren Helden Tiddalik
War nur ein Teil im Mosaik
Von dem was da noch kommen sollte.

Weil sie ja Rache nehmen wollte
Für den Mord an ihren Lieben,
Ist die Maus nicht lang geblieben.
Sie zog die Lanze voller Lust
Aus des toten Frosches Brust
Und wandte sich in aller Ruh
Ihrem Mordwahn wieder zu.

Der nächste der dran glauben musste
War der sonst recht selbstbewusste
Grüne Krieger Paddekunte.
Geboren in Elsfleth an der Hunte,
Direkt hinterm Schleusenwehr,
Diente in Pausbacks Söldnerheer
Er seit mehr als siebzehn Jahren.
Er  hatte für seinen Rex im Krieg
Errungen manchen Schlachtensieg.
Und selbst im Krieg der Stedinger
Gegen des bremerische Heer
War kein Leid ihm widerfahren.

Er kannte sich mit Mäusen aus.
Er  hatte schon so manchen Strauß
Mit dem Kroppzeug ausgefochten.
Die hinterlistig ausgekochten
Nager mocht' noch nie er leiden.
"Einer," dacht er, "von uns beiden
Wird bestimmt ins Gras nun beißen"
Als Troglodyte plötzlich vor ihm stand.
Er wollte gerade aus der Hand
Dem Angreifer das Schwert entreißen,
Da schlug der freche Mausfilou
Mit Mordabsicht im Sinn schon zu.


Der Hieb kostete dem Frosch ein Bein.
Er knickte mit dem andern ein
Und als er auf dem Rücken lag,
Da tat die Maus, was keiner mag.
Sie sprang, es war ein schlechtes Ohmen,
Ihm auf sein rundliches Abdomen.
Dann schlitzte sie den Bauch ihm auf.
Der arme Frosch starb kurz darauf.

Noch heute trauert an der Hunte
Man um den braven Paddekunte
Der mit den Bremern einst im Streite
Stand auf Rüstringer Friesen Seite.
Auf seinem Grabstein steht zu lesen
Dass er sehr tapfer ist gewesen.

Ein andrer Lurch, den tot man fand,
Starb auch durch Trolodytes Hand.
Korlhüx Kodux Huggeballen,
Einem warzigen und trägen, drallen
Kröter trennte er am Moorteichsumpf
Unter seinem Halse knapp,
Das schöne Haupt vom Warzenrumpf.
Der Kröter machte sofort schlapp.

So wie er starb, nur skelettiert,
Fand man ihn kürzlich erst am Teich.
Die Seele zum Engel inkarniert
Lebt oben nun im Himmelreich.
Und weil Korlhüx katholisch war,
Sagt man, dass sie in ein paar Wochen,
Das wär' beschlossen und längst klar,
In Rom gar heilig  wird gesprochen.
Als Märtyrer, wie es mit allen,
Die unschuldig zu Tode kamen,
Der Papst tun wird in Gottes Namen
Nun auch mit der von Huggeballen.

***

Sieben Frösche bracht zwecks Rache
In der Maus-Familiensache
Troglodytes nun schon um.
Als letzte, ad infinitum,
Um die Sache abzuschließen,
Lasst uns Quarkner noch erwähnen.
Ihm ging es so wie Huggegallen.
Ruck zuck, da war er schon gefallen.


Sein Freund konnt' nur noch ein paar Tränen
Für den Getöteten vergießen.
"Rache nehmen für den Kameraden,"
So dacht er später, "kann nicht schaden.
So wie im Alten Testament
Moses uns die Regeln nennt
Und festlegt, was in Schadensachen
Bei Körperverletzung ist zu machen.
So werd auch ich dem Worte treu
Folge leisten ohne Scheu.

"Leben für Leben, Zahn für Zahn,"
So dacht Pogg Röleken spontan,
"Wie es in Israel die Juden nun
Und auch die Palästinenser tun,
Das soll für mich, wer sollt mich schelten,
Fortan als feste Regel gelten.
Aug um Auge, Hand für Hand,
Fuß für Fuß, genau so stand
Die Sach" im Pentateuch beschrieben.
(Ex 21,23-26)
Wunde für Wunde, Mal für Mal,
So ist erhalten es geblieben.
Strieme für Strieme, Haupt für Haupt,
Alles ist im Krieg erlaubt."
Er dacht bei sich: "Als Korporal
Muss ich mich an die Regeln halten.
Weil die bis heut noch immer galten."

So kam es, dass Pogg Röleken
Sich auf die Spur des Mörders machte,
Um umzubringen nun auch den
Der das Schändliche vollbrachte,
Und Quarkner, welcher war so lieb,
Im Schilf den Kopf vom Rumpf abhieb.
Ach was war das für ein Glück!
Als er der Spur der Maus ein Stück
Gefolgt war bis zum Stoppelfeld,
Hatte Brettmiger der grüne Held,
Troglodyte just am Kragen,
Den Schädel schon vom Rumpf geschlagen.



***

Den nächsten Gegner bracht gescheit
Ohn' Risiko man um zu zweit.

Der eine hielt, der andre stach.
So einfach ist im Krieg die Sach'
Ohne erst mit ihm zu ringen,
Einen andern umzubringen!

***

Nach der Tandem-Jagd-Methode
Wurd Maus um Maus nun umgebracht
Und keine Maus nach ihrem Tode,
Zog jemals wieder in die Schlacht.

***

Auch Koldux Hupf und Keckepätt,
Weil jeder gern 'nen Orden hätt',
Gingen vor auf diese Weise.
Sie schlichen heimlich sich und leise
An ein Mauseloch heran.
Ein jeder dachte: "Irgendwann
Kommt dort bestimmt 'ne graue Maus
Um Luft zu schnappen mal heraus;
Dann bräucht', im Kriege kein Verbrechen,
Man nur ganz kurz noch zu zustechen."


Doch es sollte anders kommen,
Als sie es sich vorgenommen.

Plötzlich kam von unten her
Anstatt 'ner Maus ein spitzer Speer.


Koldux Hupf war sofort tot.
Keckepätt in seiner Not
Hüpfte so schnell er konnt' davon.
Doch Minuten später schon
Nahmen zwei Mäus' im Dauerlauf,
Seine Fährte wider auf.
Die Fußabdrücke machten klar
Wohin der Frosch geflohen war.
Zum See hinunter, hupf, hupf, hupf!


"Er sucht sich einen Unterschlupf"
Sprach die eine zu der andern Maus.
Die beiden nun auf seiner Spur,
Wollten von ihm das eine nur.
Das war klar, sein Leben
Sollte er ihnen geben.

Im Ufersaum am Unkenmoor
Fanden sie ihn im dichten Rohr.

Er hat verzweifelt sich gewehrt
Doch blieben beide unversehrt.

Nachdem mit ihrem Nadelspeer
Eine der beiden flink und wach,
Ihm in das linke Auge stach,
Dass die Nadelspitze quer
Ihm hinter der grünen Denkerstirn
Eindrang in sein Zwischenhirn
Und dieses ist ihm ausgeflossen,
Hat sein Leben er beschlossen.

Just als jenes er verlor
Kippte er ins tiefe Moor.
Ohne noch etwas zu unken
Ist er darin versunken.
Nichts war, nachdem der Mord geschehen,
Vom grünen Krieger mehr zu sehen.

So endete Frosch Keckepätt,
Als ob's ihn nie gegeben hätt'.

***

Ein andrer Frosch, der Briddscher hieß,
Ward von 'nem Mauser ziemlich fies,
Obwohl er hatte nichts verbrochen,
Tückisch hinterrücks erstochen.


Die Lanze drang ihm so ins Ohr,
Dass sein Trommelfell zerriss.
Als aus dem Mund sie kam hervor
War sich der Ärmste schon gewiss,
Dass ihm das letzte Stündchen schlug.
"Ich hab vom Kriege eh genug"
Dachte er; nun ist's bald Schluss.
Da kam auch schon der Exitus!

***
Wie das Morden weitergeht
In der nächsten Folge steht.

wird fortgesetzt



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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.