Donnerstag, 22. August 2013

Batrachomyomachia

Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 20-14
 Achter Kriegstag

Was Mäuse sich im Krieg erlauben,
Konnt' Fahnenjunker Gütsch kaum glauben.
Der mordlüsterne Pelzsoldat
Sein Bein ihm abgehauen hat.

Ohn' dass sie sich hätt' vorgestellt,
Hat die Maus ihn so entstellt,
Dass zu seinem Krötchen er
Hüpfen konnte nimmermehr.


Die würde ihn verspotten.
Drum setzte seinen Dolch er an,
Der Frosch war hart gesotten,
Und dann hat er das getan,
Ohn' dass er hat dabei geflennt,
Was man Harakiri nennt.

Als die Maus das Resultat
Von Gütsch'es letzter Heldentat
Betrachtete wurd übel ihr.
Sie dachte: "Nur schnell weg von hier!"
Doch als sie dieses eben wollte
Ein Krieger ihr begegnen sollte,
Der, das wurd ihr sofort klar,
Nicht so zart besaitet war
Wie der Fahnenjunker eben.

"Der wird nicht so schnell aufgeben;"
Dacht die Maus entsetzt bei sich.
Er war ein Hüne in der Tat
Und sicherlich Berufssoldat,
Denn er sah so finster drein
Als würde er ein solcher sein.

Da kam er schon der Wüterich!
Als Waffen trug er Dolch und Speer.

"Na, komm, es ist mir eine Ehr,"
Schrie die Maus und fügte an:
"So wie deinen Kriegskumpan
Werd ich dich ins Elend stürzen.
Ich werde dir die Beine kürzen,
Und das große Maul so stopfen
Dass nie wieder du im Leben
Einen Ton kannst von dir geben
Geschweige wie bisher Sprüche klopfen!"

Doch es sollte anders kommen
Als sie es sich vorgenommen.

Als mit beiden Fäusten sie
Ihrem Schwerte Kraft verlieh
Und es mit Schwung zum Streiche führte,
Sie einen Schlag gar plötzlich spürte
Der ausgeführt mit Wucht und Wut
Stoppte ihren Übermut.


Die Klinge brach, da war es aus!
"Ojemine," dachte die Maus
Als mit dem Stummel in der Hand
Sie entwaffnet vor ihm stand.

Der Frosch schrie: "Merk dir meinen Namen;
- Grünhans Gudla Höppekrah -,
Der ist nicht nur bei den Damen
Weltbekannt; mein Uropa
War der Ägypter Kuk
Aus dem Achtheit-Götter-Stamme.
Die Göttin Heket, meine Amme,
Hat als Quappe mich genährt
Und mir Schutz und Trutz gewährt
Bis ich nach einem halben Jahr
Kräftig genug entwickelt war
Um einem Prahlhans so wie dir,
Ins Fell zu stechen das Rapier.


Blitzartig dann, mit vollem Druck,
Stieß der Frosch erneut nun zu!
Er fragte dabei. "Wer bist denn du,
Dass du mit einem so wie mir
Dich im Kampf willst messen hier?"
Und er fügte zornig dann
Einen Nachsatz auch noch an:
"Du verdammtes graues Luder
Bist bestimmt ein Moslembruder;
Der nichts kennt als Mord und Sünden
Und einen Gottesstaat will gründen
In dem nach eurem Weltenbild
Das Scharia-Recht noch gilt!"


"Ich stamme auch aus edlem Haus;"
Sprach leise stöhnend drauf die Maus,
Getroffen in den Hoden
Und sank vor Schmerz zu Boden.

Im Blute liegend, schließlich dann
Fügte wimmern sie noch an:
"Troxartes ist mein werter Name.
Hoppsegern die grüne Dame
Aus deinem Volk ist meine Braut.
Wir wurden gestern erst getraut.
Ich bitte dich, berichte ihr,
Dass ich, der tapferste von allen
Mäusen bin im Krieg gefallen,
Besiegt durch deines Gottes Hand,
Der dir im Kampf beiseite stand.
Ich bitte dich, versprech' es mir."


"Na gut," sprach darauf Höppekrah
Weil ihren Tod er kommen sah,
"Das werd ich gerne für Dich tun!"
Und er fügte an im Spott
 Nun bete fix zu Deinem Gott,
Wenn er nicht grad döst,
Dass er dich erlöst."


Die Maus in ihrer Todesqual,
Stöhnte leis' darauf nasal,
"Lass mich, mein Herr in Frieden ruh'n."

Dann zuckte ihr der graue Schwanz.
Aus ihren Augen wich der Glanz.
Dann wurd es um sie plötzlich Nacht.
Vorbei war ihre letzte Schlacht.

***

Als Hoppsegern ihn schließlich fand
Nahm sie sein Schwänzchen in die Hand:

"Weißt du noch," sprach sie intim,
Als hörte er es noch, zu ihm.
Sie dachte an die schöne Nacht
Die sie mit ihm zusammen war,
Bevor er wurde umgebracht.

"Ach wie war das doch so schön!"
"Sein Schwanz," durchfuhr es sie obszön,
"Wird tatsächlich noch mal steif!"

Doch was sie wollt konnte nicht sein.
Die Leichenstarre setzte ein
Und nahm die letzte Hoffnung ihr.

Da kam aus einem Nebelstreif,
Überm Pausbacks Schilfrevier
Im Sturzfluge der Adebar
Und bereitete behände
Ihrem Gedanken jäh ein Ende!

***

Während der Storch gar ungezogen,
Mit beiden ist davongeflogen,
Kämpften andre tapfren Streiter
Verbissen um den Endsieg weiter.

Gestorben wurde, klarer Fall,
Auf dem Schlachtfeld überall.

Zigtausend Frösche waren tot!
Überall nur Leid und Not!

Keiner wusst' genaue Zahlen!
Keiner kannte all die Qualen
Die das Volk ertragen musste.
Doch sicher war: Was keiner wusste
Über Krieg und Schlachtverlauf,
Regt auch Keinen erst groß auf!

***

Auch auf der Gegenseite war
Der Generalität nicht klar
Wie viele Mäuse zu beklagen
Bisher waren. Seit acht Tagen
Kämpfte die Truppe schon am See.
Die vierte bis sechste Mausarmee
War, von den Fröschen aufgerieben,
Beinah komplett im Feld geblieben.

Doch die Meldung stand zu Haus
Im Mause-Hauptquartier noch aus.

Kein Offizier im Mäuseheer
Meldete die Toten mehr
Nach Hause von der Front.
Ein jeder dort vermied gekonnt
Die wahre Lage all der Helden
Im Krieg dem Könige zu melden.
Jeder kluge selbstbewusste
Führer verschwieg seine Verluste
Und meldete statt dessen stur
Nach oben die Erfolge nur,
Denn keiner ist je befördert worden
Oder erhielt je einen Orden,
Der eine Schlacht verloren hatte.

Zu einer Generaldebatte
Darüber hatte man im Frieden
Später, wenn der Krieg entschieden
So dacht ein jedermann gescheit,
Wenn man verloren hat, ja Zeit.

***
Nach diesem Grundsatz froh und heiter
Kämpften beide Heere weiter,
So wie es sich gehört im Krieg,
Bis zum Ende um den Sieg.

wird fortgesetzt


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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.